Das Kündigungsschutzgesetz (§ 23 Abs. 1 KSchG), welches die soziale Rechtfertigung einer Kündigung verlangt, findet in Kleinbetrieben (mit i.d.R. nicht mehr als zehn Arbeitnehmern) keine Anwendung. Eine Kündigung ist dort daher grundsätzlich frei möglich, solange sie nicht gegen andere gesetzliche Verbote verstößt.
Genau hier greift das Maßregelungsverbot des § 612a BGB:
Es besagt, dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Maßnahme (wie einer Kündigung ) nicht benachteiligen darf, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.
Die Norm erfasst einen Sonderfall der Sittenwidrigkeit und dient dem Schutz der Willensfreiheit des Arbeitnehmers, seine Rechte auszuüben.
Die zentrale Frage: Motivationsprüfung
Ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot liegt vor, wenn die zulässige Rechtsausübung der tragende Beweggrund – das wesentliche Motiv – für die benachteiligende Maßnahme (die Kündigung) ist.
Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet.
Handelt der Arbeitgeber aufgrund mehrerer Motive, muss auf das wesentliche Motiv abgestellt werden.
Abgrenzung zur Krankmeldung (Ein häufiger Anwendungsfall)
Ein häufiger Streitpunkt, der auch in Kleinbetrieben relevant ist, ist die Kündigung aus Anlass einer Krankmeldung. Hier muss klar unterschieden werden:
| Fall | Wesentliches Motiv | Zulässigkeit |
| Unzulässige Maßregelung | Die Sanktionierung des zulässigen Fernbleibens von der Arbeit (z.B. weil der Arbeitnehmer sein Recht auf Entgeltfortzahlung geltend gemacht hat). | Unzulässig. Die Kündigung ist wegen Verstoßes gegen § 612a BGB i.V.m. § 134 BGB nichtig. |
| Zulässige Kündigung | Das Vorbeugen von zukünftigen Störungen der Betriebsablaufstörungen, die durch weitere krankheitsbedingte Ausfälle erwartet werden. | Zulässig. Hier fehlt es an einem unlauteren Motiv, da die Kündigung in einem Kleinbetrieb lediglich einen sachlichen Grund erfordert und dieser Maßstab weniger streng ist als im Geltungsbereich des KSchG. |
Beispiel: Kündigt der Arbeitgeber, weil er zukünftige Störungen der Einsatzplanung und erneute Unannehmlichkeiten für Kunden vermeiden möchte, wird die Krankmeldung zwar als äußerer Anlass, aber nicht als tragender Beweggrund betrachtet.
Die Rechtsfolge bei Verstoß
Ist das wesentliche Motiv die unzulässige Maßregelung der Rechtsausübung, ist die Kündigung nichtig wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB).