Der Arbeitsalltag bringt es mit sich, dass Arbeitnehmer ihre Rechte gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen müssen – sei es die Forderung nach Überstundenvergütung oder das Einlegen eines Widerspruchs. Doch was, wenn diese legitime Rechtsausübung zu negativen Konsequenzen führt? Hier kommt das unscheinbare, aber mächtige Maßregelungsverbot des § 612a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ins Spiel.
Was genau ist das Maßregelungsverbot?
Das Gesetz formuliert es klar und knapp:
"Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt."
Ziel dieser Vorschrift ist es, zu verhindern, dass Arbeitnehmer aus Angst vor Nachteilen darauf verzichten, ihre Rechte wahrzunehmen. Es bietet einen umfassenden Schutz als allgemeines Maßregelungsverbot.
Wer ist geschützt?
Der Schutz des § 612a BGB gilt für alle Arbeitnehmer, einschließlich leitender Angestellter und Auszubildender.
Was gilt als "zulässige Rechtsausübung"?
Geschützt ist jede Form der Ausübung tatsächlich bestehender Rechte, solange sie in zulässiger Weiseerfolgt. Die Bandbreite ist groß und umfasst:
Die Erhebung einer Kündigungsschutzklage.
Die Geltendmachung von Ansprüchen auf Entgeltfortzahlung oder Überstundenvergütung.
Die Ausübung von Grundrechten (z. B. Art. 5 GG).
Die Teilnahme an einem Streik oder die Gewerkschaftstätigkeit.
Die Ablehnung einer mindestlohnwidrigen Vertragsänderung.
Auch die klageweise Geltendmachung von Rechten ist zulässig, sofern sie nicht mutwillig erfolgt.
Was ist eine unzulässige Benachteiligung?
Eine Benachteiligung ist jede im Einzelfall bewirkte Schlechterstellung des Arbeitnehmers. Dies kann erfolgen durch:
Maßnahmen des Arbeitgebers, wie Weisungen, Kündigungen oder die Gewährung von Leistungen.
Vereinbarungen, z. B. in Form von Betriebsvereinbarungen oder Sozialplänen.
Beispiele für eine Benachteiligung sind:
Der Entzug oder das Vorenthalten von Zuwendungen und ähnlichen Vorteilen.
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
Das Vorenthalten eines unbefristeten Folgearbeitsvertrages.
Die Unterlassung von Überstundenzuweisungen.
Wichtig: Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Beweggrund – also das wesentliche Motiv – für die benachteiligende Maßnahme gewesen sein. Liegt ein sachlicher Grund vor oder orientiert sich der Arbeitgeber an der Rechtsordnung, scheidet eine unzulässige Benachteiligung aus.
Was passiert bei einem Verstoß?
Die Konsequenzen bei einem Verstoß gegen das Maßregelungsverbot sind erheblich:
Der Arbeitnehmer wird so gestellt, als sei die Benachteiligung nicht erfolgt.
Willenserklärungen des Arbeitgebers, wie eine Kündigung, sind nach § 134 BGB nichtig.
Bei vorenthaltenen Leistungen kann § 612a BGB anspruchsbegründend wirken.
Bei schuldhaftem Verhalten kann ein Anspruch auf Schadensersatz (z.B. nach § 280 I oder § 823 II BGB) bestehen, da § 612a BGB ein Schutzgesetz ist.
Fazit für Arbeitnehmer
Das Maßregelungsverbot ist ein zentrales Instrument zur Sicherung deiner Rechte im Arbeitsverhältnis. Es ermutigt den Arbeitnehmer, seine Ansprüche geltend zu machen, ohne Repressalien fürchten zu müssen.
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