Mittwoch, 5. November 2025

Arglistige Täuschung beim Hauskauf: Käuferin darf Vertrag rückgängig machen

Wer eine gebrauchte Immobilie kauft, sieht sich oft mit einem vertraglichen Ausschluss der Haftung für Mängel jeglicher Art konfrontiert. Das bedeutet: Treten später Schäden auf, muss der Käufer die Kosten für die Beseitigung meist selbst tragen. Doch eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) zeigt, dass ein Rückgriff auf den Verkäufer in Ausnahmefällen möglich ist – insbesondere bei arglistiger Täuschung.

Verschwiegene Baugenehmigung und irreführende Sanierung

Eine Käuferin erwarb ein Anwesen in Neustadt a. d. Weinstraße für über 600.000 Euro, wobei die Gewährleistung für Mängel vertraglich ausgeschlossen wurde. Das Haus wurde im Maklerexposé als „liebevoll kernsaniert“ beworben.

Allerdings verschwieg die Verkäuferin zwei entscheidende Punkte:

Fehlende Baugenehmigung: Wenige Monate vor dem Verkauf hatte die Verkäuferin ein Telefonat mit der Stadtverwaltung, in dem klargestellt wurde, dass für eine Außentreppe und eine Terrasse keine Baugenehmigung existierte. Diese Information wurde der Käuferin vorenthalten.

Keine Kernsanierung: Nach dem Kauf stellte ein beauftragter Elektriker fest, dass die Elektroinstallation nicht neuwertig war, sondern sich auf dem Stand der 1990er Jahre befand – was der Beschreibung einer „Kernsanierung“ widersprach.

Nach dem Verkauf forderte die Stadtverwaltung die Käuferin zur Beseitigung von Treppe und Terrasse auf. Angesichts dessen erklärte die Käuferin die Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung.

Die 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal gab der Käuferin Recht und entschied, dass sie getäuscht wurde (Urteil vom 01.10.2025, Az. 6 O 259/24):

Verschweigen des Konflikts: Die Verkäuferin hat den Konflikt mit der Stadtverwaltung bezüglich der fehlenden Baugenehmigung für Außentreppe und Terrasse arglistig verschwiegen.

Irreführende Beschreibung: Die Bewerbung als „kernsaniert“ im Maklerexposé (welches als öffentliche Äußerung der Verkäuferin gilt) setzte nach allgemeinem Sprachgebrauch einen nahezu neuwertigen Zustand der Bausubstanz voraus. Die Verkäuferin hatte jedoch Zweifel an der Neuwertigkeit der Elektroinstallation nicht ausgeräumt.

Da die Verkäuferin die Renovierungsarbeiten selbst verantwortet und somit den wahren Zustand des Hauses kannte, konnte sie sich nicht wirksam auf den Gewährleistungsausschluss berufen. Bei arglistiger Täuschung ist ein Haftungsausschluss unwirksam.

Konsequenz: Die Käuferin darf den Kaufvertrag rückgängig machen und ihr Geld gegen Rückgabe des Hauses zurückverlangen.

Dieses Urteil unterstreicht: Ein vertraglicher Haftungsausschluss schützt den Verkäufer nicht, wenn er wesentliche Mängel oder fehlende Genehmigungen wissentlich verschweigt oder falsche Angaben zur Beschaffenheit der Immobilie macht. Für Käufer bedeutet die Entscheidung eine Stärkung ihrer Rechte, wenn der Verkäufer den wahren Zustand einer Immobilie bewusst verschleiert hat.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es wurde Berufung beim Pfälzischen Oberlandesgericht eingelegt.


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