Ein tropfender Wasserhahn, eine defekte Heizung oder Feuchtigkeit an der Wand – Mängel in der Mietwohnung sind ärgerlich. Sie lösen klassische Ansprüche wie Mietminderung oder das Recht auf Mängelbeseitigung aus.
Manchmal führt der ursprüngliche Mangel jedoch zu weitergehenden Schäden, die über die bloße Beeinträchtigung des Wohngebrauchs hinausgehen. Hier sprechen Juristen vom Mangelfolgeschaden.
Die Definition: Was ist ein Mangelfolgeschaden?
Im Wohnraummietrecht ist der Vermieter verpflichtet, die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten (§ 535 Abs. 1 S. 2 BGB).
Ein Mangelfolgeschaden ist der Schaden, der nicht an der Mietsache selbst, sondern an anderen Rechtsgütern des Mieters (z. B. seiner Gesundheit, seinen Möbeln oder seinem Vermögen) entsteht, weil ein Mangel an der Mietsache vorlag oder der Vermieter diesen nicht rechtzeitig beseitigt hat.
Typische Beispiele für Mangelfolgeschäden:
Die Anspruchsgrundlage: § 536a Abs. 1 BGB
Der Anspruch des Mieters auf Ersatz des Mangelfolgeschadens richtet sich primär nach § 536a Abs. 1 BGB. Dieser Paragraf regelt den Schadensersatzanspruch wegen eines Mangels der Mietsache.
Der Vermieter muss den Schaden ersetzen, wenn:
Der Mangel bereits bei Vertragsabschluss vorlag.
Ein Mangel nachträglich entsteht und der Vermieter diesen zu vertreten hat (d.h. er ihn verschuldet hat, z. B. durch Fahrlässigkeit, oder durch Erfüllungsgehilfen wie beauftragte Handwerker).
Der Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug gerät.
Der Mieter ist so zu stellen, wie er stünde, wenn der Mangel nicht eingetreten wäre. Dies umfasst auch die Folgeschäden.
Gerichtliche Beurteilung: Ein Blick in die anliegenden Urteile
Die Beurteilung, welche Kosten genau als Mangelfolgeschaden ersatzfähig sind, beschäftigt die Gerichte regelmäßig.
1. AG Köpenick (Wasserschaden und Hotelkosten)
Das Urteil des Amtsgerichts Köpenick (AG Köpenick, Urt. v. 21.04.2010 – 15 C 128/09) liefert hierzu ein klares Beispiel:
Der Fall: Mieter mussten ihre Wohnung wegen eines durch Bauarbeiten verursachten, vom Vermieter zu vertretenden, Wasserschadens verlassen. Die Wohnung war aufgrund der Feuchtigkeit und der Trocknungsgeräte unzumutbar geworden.
Die Entscheidung: Das Gericht bejahte den Anspruch auf Ersatz der Hotelkosten als Mangelfolgeschaden gemäß § 536a Abs. 1 BGB. Die Hotelkosten waren adäquat durch den Mangel verursacht und notwendig, um die Wohnfunktion an einem anderen Ort zu erhalten.
Wichtig: Das Gericht zog jedoch die Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB) des Mieters heran und kürzte die Ansprüche:
Die Mieter mussten sich das Hotelfrühstück anrechnen lassen (da Kosten für das Frühstück ohnehin angefallen wären).
Die Hotelkosten wurden zeitlich begrenzt, weil die Mieter nach Ansicht des Gerichts die Renovierung hätten früher abschließen können. Eine unnötig lange Verzögerung verstößt gegen die Pflicht, den Schaden so gering wie möglich zu halten.
2. BGH (Umzugskosten bei Kündigung)
Auch der Bundesgerichtshof (BGH) befasst sich regelmäßig mit Folgeschäden. Das Urteil (BGH, Urt. v. 01.06.2016 – VIII ZR 306/15) behandelt zwar vorrangig die Frage, inwieweit Umzugskosten nach einer fristlosen Mieterkündigung wegen Brandschutzmängeln als Mangelfolgeschaden ersatzfähig sind.
Der Kontext: Die Richter bestätigten, dass Umzugskosten, die infolge einer berechtigten fristlosen Kündigung entstehen, dem Grunde nach einen Mangelfolgeschaden darstellen können.
Die Lehre: Der BGH betonte, dass die Zurechnung des Schadenserfolgs (hier: die Umzugskosten) nur entfällt, wenn der Vermieter den Schaden auch durch ein rechtmäßiges Alternativverhalten (z. B. eine ohnehin anstehende ordentliche Kündigung) effektiv herbeigeführt hätte. Die bloße Möglichkeit reicht nicht aus.
Beide Urteile zeigen, dass der Mangelfolgeschaden ein zentrales Element im Schadensersatzrecht des Mieters ist, dessen Durchsetzung aber oft von komplexen Einwänden wie der Schadensminderungspflicht oder der Zurechenbarkeit abhängt.
Achtung: Der Mangelschaden ist etwas anderes!
Es ist wichtig, den Mangelfolgeschaden vom sogenannten Mangelschaden abzugrenzen:
Mangelschaden: Schaden, der an der Mietsache selbst entsteht (z. B. die Kosten für die Reparatur des kaputten Wasserhahns). Dieser wird in der Regel durch die Beseitigung des Mangels durch den Vermieter behoben.
Mangelfolgeschaden: Schaden an anderen Rechtsgütern des Mieters (z. B. die durchnässten Möbel durch den Wasserhahn). Dieser muss der Vermieter dem Mieter ersetzen.
Fazit für Mieter
Entsteht Ihnen durch einen Mangel in Ihrer Wohnung ein weitergehender Schaden (z. B. an Ihrem Eigentum oder hohe Hotelkosten), handelt es sich in der Regel um einen Mangelfolgeschaden, der vom Vermieter ersetzt werden muss, sofern er den Mangel zu vertreten hat. Mieter sollten in solchen Fällen:
Mängel unverzüglich anzeigen.
Beweise sichern (Fotos, Zeugen, Rechnungen).
Die Schadensminderungspflicht beachten und die Kosten so gering wie möglich halten.
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